Karriereplanung hat sich in den letzten Jahren rasant verändert und erschwert. Einerseits bringt jeder Lebensabschnitt eigene Dynamiken, Chancen und Herausforderungen mit sich, andererseits gibt es für viele Menschen doch so etwas wie eine „Prime Time“ oder auch mehrere Phasen, in denen sie am leistungsfähigsten, erfolgreichsten oder am zufriedensten im Job sind.
Überholte Standards?
Kann diese ganz wesentliche Zeit allgemein definiert werden? Die Antwort ist nicht eindeutig, denn die besten Jahre hängen von vielen Faktoren ab: Karrierepfad, Branche, persönliche Prioritäten und individuelle Entwicklung. Zudem verlaufen Karrieren heutzutage oft nicht mehr linear; Brüche und Phasen des Aufblühens lassen sich nicht mehr einfach anhand klassischer Alterskategorien einteilen.
20er: Lernen und Ausprobieren
Lernen, Kontakte knüpfen, unterschiedliche Umfelder kennenlernen. Werte fundieren. Die meisten Menschen starten in ihren 20ern ins Berufsleben. Die eigenen Stärken und Schwächen kennenzulernen und Fehler zu machen ist in dieser Phase essenziell, um langfristig zu wachsen. Wer mutig ist und neue Wege geht, kann hier wertvolle Weichen für die Zukunft stellen.
30er: Spezialisierung und Aufstieg
Erste Führungserfahrung, fachliche Spezialisierung, ein Umfeld zu finden, in dem man gut performed. Das sind die 30er. Viele Menschen übernehmen mehr Verantwortung, gleichzeitig kommen private Verpflichtungen hinzu, die die Leistungsfähigkeit einschränken und die Balance zwischen Karriere und Privatleben herausfordern.
40er: Erfahrung und Souveränität
Produktivitätsgewinne lukrieren, Fachwissen, Erfahrung und strategisches Denken kombinieren. Mit Die 40er werden oft als besonders empfunden, weil die eigene Expertise gefestigt und gefragt ist und Entscheidungen mit mehr Weitsicht getroffen werden. Wer sich beruflich verändern möchte, kann mit erworbenen und transferierbaren Assets oft leichter neue Wege einschlagen.
50er und darüber hinaus: Erfüllung und Weitergabe
Purpose, Wissenstransfer, Mentoring, Coaching. Man weiß, was man kann, und hat die Möglichkeit, andere partizipieren zu lassen. Gleichzeitig denken manche Menschen bereits bewusst über die Übergangsphase aus dem Arbeitsleben oder einen sanften, letzten Karrierewechsel nach. Auch Selbstständigkeit oder projektbasiertes Arbeiten sind attraktive Optionen.
Nicht-lineare Karriereverläufe
Studien zum beruflichen Erfolg in Abhängigkeit vom Alter liefern unterschiedliche Ergebnisse. Eine Untersuchung der Universität Bayreuth ergab, dass das Lebensalter von Arbeitnehmern keinen signifikanten Einfluss auf ihre Motivation hat, im Unternehmen tatkräftig mitzuarbeiten. Vielmehr können Faktoren wie wahrgenommene Altersdiskriminierung die Leistungsbereitschaft beeinflussen.
Eine weitere Studie der Universität Bern zeigte, dass beruflicher Erfolg die Persönlichkeit beeinflussen kann: Personen mit steigendem beruflichen Prestige wiesen eine erhöhte emotionale Stabilität und Offenheit auf, jedoch nahm ihre Extraversion ab. Diese Veränderungen waren unabhängig vom Alter der Teilnehmer.
Zudem zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dass Personen mit höherer Qualifikation, wie einem Fachhochschul- oder Hochschulabschluss, im Durchschnitt höhere Einkommen erzielen als solche mit geringerer Qualifikation. Diese Einkommensunterschiede sind jedoch stärker mit dem Bildungsniveau als mit dem Alter verknüpft.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass beruflicher Erfolg nicht ausschließlich an ein bestimmtes Alter gebunden ist. Vielmehr spielen Faktoren wie Motivation, Qualifikation, Persönlichkeit und wahrgenommene Wertschätzung eine entscheidende Rolle.
Es zeigt sich, dass nicht-lineare Karriereverläufe, wie Branchenwechsel oder berufliche Pausen in der Breite angekommen sind. Diese Veränderungen können neue Chancen bieten und zu einer erhöhten Arbeitszufriedenheit führen. Unternehmen erkennen vermehrt den Wert vielfältiger, diversifizierter Erfahrungen und fördern solche Karrierewege aktiv.
Zudem betont die Forschung, dass Faktoren wie Arbeitsautonomie und soziale Unterstützung am Arbeitsplatz entscheidend für die Arbeitszufriedenheit sind. Unabhängig vom Karriereverlauf tragen diese Elemente maßgeblich zum beruflichen Wohlbefinden bei.
Make it your perfect stage!
Statt auf die „perfekte“ Phase zu warten, lohnt es sich, jede Karriereetappe bewusst zu gestalten. Lernen, sich weiterentwickeln und auf die eigenen Werte hören – das sind die besten Voraussetzungen, um in jeder Lebensphase beruflich zumindest eine gewisse Erfüllung zu finden.
Ich persönlich hatte oft den Eindruck, gerade „jetzt“ am leistungsfähigsten zu sein. Retrospektiv war das allerdings ein Trugschluss. Und in Phasen der Unzufriedenheit habe ich im Nachhinein ganz wesentliche Skills, wie Resilienz, Flexibilität und Umsetzungsorientierung hinzugewonnen. Daher bin ich überzeugt, dass man zum Großteil selbst entscheidet, wann und wie lange seine eigene Prime Time im Job wahrgenommen wird.

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