top of page
  • AutorenbildSophia Gehrke

Virtuelle Interviews: Der neue Goldstandard?

Aktualisiert: 29. Mai 2023

Im Zeiten, in denen immer mehr Menschen remote arbeiten, hat sich auch im Recruiting eine ganze Menge getan, um Bewerbungs- und Einstellungsprozesse zu vereinfachen. Durch die vielen Vorteile, die Bewerbungsgespräche in Remote-Format mit sich bringen, haben viele Arbeitgeber auf Video- oder Telefoninterviews umgestellt: Sie sind zeitsparend, bequem, kostengünstiger und umweltfreundlicher als persönliche Gespräche, da weder Reisen noch gedruckte Materialien erforderlich sind. Darüber hinaus bieten sie eine größere Flexibilität bei der Planung und Umsetzung, da sie jederzeit und unabhängig vom Standort – auch besonders kurzfristig - durchgeführt werden können.


Doch ist der Output dieser Art des Kennenlernens gleichzusetzen mit jenem eines persönlichen Treffens? Besonders in Bezug auf die Erfassung und Bewertung von Persönlichkeitsmerkmalen des jeweiligen Bewerbers, lohnt es sich diese Art von Kommunikation einmal genauer anzuschauen:


Die Körpersprache und nonverbale Signale sind in einem virtuellen Interview aufgrund der Einschränkungen der Videokonferenztechnologie und der Tatsache, dass der Interviewer den Bewerber in einem begrenzten Ausschnitt sieht, schwieriger zu lesen. Aufgrund dessen kann es durchaus schwierig sein, eine persönliche Verbindung herzustellen und sich als Bewerber so zu präsentieren, dass ein bleibender positiver Eindruck bleibt und man sich von Mitbewerbern nachhaltig abheben kann. Auch das individuelle Energielevel des Gegenübers lässt sich schwieriger einschätzen beziehungsweise beurteilen. Nicht außer Acht zu lassen ist der Fakt, dass ein virtuelles Bewerbungsgespräch oft strukturierter ist, als ein persönliches Gespräch, was es natürlich erschwert, spontane Reaktionen des Bewerbers auf Situationen, Fragen und Herausforderungen zu beobachten. Auch die Beurteilung von Signalen, welche die Aufmerksamkeit, das Interesse und Engagement des Bewerbers verdeutlichen, gestaltet sich komplizierter, da sich der Bewerber in seiner eigenen Umgebung befindet und andere mögliche Ablenkungen haben könnte.

Da virtuelle Gespräche eine stabile Internetverbindung und entsprechende technische Ausrüstung wie eine Webcam und Mikrofon erfordern, kann es folglich schnell zu technischen Problemen, wie Ausfällen, Verzögerungen und schlechter Bild- oder Tonqualität kommen. Dadurch kann der natürliche Fluss des Interviews immer wieder gestört und die Interviewerfahrung beidseitig negativ beeinträchtigt werden.


Demnach sollte bei folgenden Berufsbereichen das Einsetzen von virtuellen Bewerbungsgesprächen überdacht werden:


  • Berufe, die eine körperliche Präsenz bzw. manuelle Arbeit erfordern: Berufe wie Handwerker oder medizinische Fachkräfte, die körperliche Arbeiten durchführen, erfordern möglicherweise eine persönliche Begegnung, um gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten demonstrieren zu können.

  • Berufe, die eine umfangreiche Präsentation erfordern: In Berufsbereichen wie dem Marketing oder der Kunst können Arbeitsergebnisse besser in einer persönlichen Präsentation gezeigt werden. Ein virtuelles Vorstellungsgespräch könnte folglich den Bewerbern weniger Möglichkeiten bieten, ihre Arbeit ausreichend zu präsentieren.

  • Berufe, die eine gewisse Vertraulichkeit erfordern: In manchen Berufen, wie zum Beispiel in der Rechtsberatung oder speziellen Bereichen des Finanzwesens können Informationen, die während des Bewerbungsgesprächs ausgetauscht werden, sehr vertraulich sein. In solchen Fällen könnte ein virtuelles Bewerbungsgespräch ein höheres Risiko für die Sicherheit der Informationen darstellen.

  • Berufe, die eine hohe soziale Interaktion mit anderen Mitarbeitern erfordern: Einige Berufe, die eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen oder Teams erfordern oder eine übergeordnete Leitungsfunktion darstellen, könnten ein persönliches Kennenlernen bevorzugen, um ein besseres Gefühl für die Persönlichkeiten, die Unternehmenskultur und die sozialen Dynamiken anbieten zu können. Da durch ein Online-Kennenlernen nur ein begrenzter Einblick in das Arbeitsumfeld gegeben wird, kann es schwierig sein, die sozialen Fähigkeiten einer Person in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen und persönliche Soft Skills, wie Teamfähigkeit, Empathie und Kommunikationsfähigkeit zu bewerten.


Insgesamt können virtuelle Bewerbungsgespräche sicherlich ein effektiver Weg sein, um Zeit und Kosten zu sparen und sowohl Bewerbern als auch Unternehmen mehr Flexibilität zu bieten. Vor allem, wenn eine erste persönliche Begegnung sonst schwierig oder unmöglich wäre, beziehungsweise um die groben Rahmenbedingungen abzuklären. Es ist jedoch wichtig, sich bewusst zu sein, dass die erwähnten Aspekte bei einem virtuellen Bewerbungsgespräch einfach auf der Strecke bleiben können. Deswegen empfehlen wir als Personalberatung, vor einer finalen Einstellung zumindest ein persönliches Aufeinandertreffen zwischen Bewerber und Unternehmen im Sinne einer Verifizierung des Fits einzuplanen, auch um mögliche zwischenmenschliche Probleme oder falsche Vorstellungen voneinander im Voraus bereits minimieren zu können und beide Seiten zufrieden zu stellen.




bottom of page